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Mahnmal erinnert an Verbrechen aus den Jahren 1942 bis 1945

Mahnmal erinnert an Verbrechen aus den Jahren 1942 bis 1945

Enthüllung einer Gedenkstele von Peter Kuschel vor der Erlanger Kinderklinik

Eine Gedenkstele vor dem Eingang zur Kinder- und Jugendklinik (Direktor: Prof. Dr. Dr. h. c. Wolfgang Rascher) des Universitätsklinikums Erlangen erinnert nun für immer an 20 behinderte und kranke Kinder, die in den Jahren 1942 bis 1945 als Patienten der Erlanger Kinderklinik in der Kinderfachabteilung Ansbach verstarben und von denen elf Kinder sicher mit dem Medikament Phenobarbital (Luminal) getötet wurden. Bei der feierlichen Enthüllung der Gedenkstele des Oberpfälzer Bildhauers Peter Kuschel gedachten der Klinikumsvorstand, die Klinikleitung und Mitarbeiter zusammen mit Pfarrer Johannes Mann aus der Evangelisch-Reformierten Kirchengemeinde Erlangen und weiteren Gästen der Kinder.

Im Mittelpunkt der Gedenkstunde, die das Kammerorchester des Christian-Ernst-Gymnasiums Erlangen unter Leitung von Gabriele Bergmann feierlich umrahmte, wurde exemplarisch das Schicksal der dreijährigen Ursula Kurze gestellt, die genau vor 75 Jahren - am 7. April 1943 - mit Unterstützung der Kinderklinik Erlangen in die Kinderfachabteilung Ansbach gebracht und dort nach einem halben Jahr mit dem Medikament Phenobarbital (Luminal) getötet wurde. Sie verstarb am 4. November 1943.

Ursula Kurze kam am 28. März 1940 als Frühgeborenes im siebten Monat zur Welt. Aufgrund von Komplikationen entwickelte sich das Kind nicht altersgemäß. Im Alter von eineinhalb Jahren wurde Ursula Kurze in der Kinderklinik Erlangen untersucht und die Ärzte diagnostizierten eine "Apathische Idiotie". Auf Drängen der Mutter sollte Ursula Anfang des Jahres 1943 in ein Pflegeheim verlegt werden, da sie dem Staat noch weitere gesunde Kinder schenken wollte und mit der Pflege überlastet war. Sie wandte sich an den Fürsorge-Sachbearbeiter des SS-Sturmes 3/47 in Zeulenroda. Hier wurde ihr Anliegen unterstützt und der Direktor der Kinderklinik Erlangen mit den Worten informiert: "Lieber SS-Kamerad Dr. Viethen! Beiliegend übersende ich Ihnen die Abschrift eines Briefes der Ehefrau des eingezogenen SS-Unterscharführers F. Kurze mit der Bitte um Kenntnisnahme (...). Vielleicht besteht die Möglichkeit, dieser Frau behilflich zu sein."

Am 11. März 1943 wurde Ursula erneut in die Universitäts-Kinderklinik Erlangen aufgenommen und die Diagnose "Idiotie" wurde bestätigt. Mit einer Überweisung der Erlanger Klinikärztin Dr. Häußlein und einer schriftlichen Einverständniserklärung der Mutter wurde Ursula am 7. April 1943 in die Kinderfachabteilung Ansbach aufgenommen, wo sie am 4. November 1943 verstarb. Als Todesursache wurde eine Lungenentzündung angegeben. Der gesamte Ablauf in Ansbach entspricht dem Bild der Tötung mit dem Schlafmittel Phenobarbital (Luminal). Die Mutter hatte sich zweimal schriftlich liebevoll nach dem Wohlergehen ihrer Tochter erkundigt. Aus diesen Briefen geht hervor, dass die Mutter nicht davon ausging, dass ihr Kind in Ansbach getötet werden sollte.

"75 Jahre nach ihrer Ermordung gedenken wir Ursula Kurze und 19 anderen, namentlich bekannten Kindern, die vor der Aufnahme in die Kinderfachabteilung Ansbach in der Kinderklinik Erlangen behandelt wurden", sagte Prof. Rascher in der Gedenkstunde. "Elf Kinder wurden sicher mit dem Medikament Phenobarbital getötet, bei sieben von ihnen trägt der damalige Direktor und damit auch die Klinik eindeutig die Verantwortung. Zum Gedenken an alle haben wir dieses Zeichen gesetzt. Denn: ,Denen will ich in meinem Hause und meinen Mauern ein Denkmal und einen Namen geben' (Jesaja 56,5)."

Mahnmal am Eingang zur Kinderklinik

Das Mahnmal rechts neben dem Eingang zur Kinderklinik wurde von Peter Kuschel gestaltet. Er wurde am 30. April 1940 in Trebnitz (Nordböhmen) geboren und kam nach dem Kriegsende 1945 in die Sulzbach-Rosenberger Gegend, wo er zunächst die Fachschule für Holzbildhauer Oberammergau besuchte. Anschließend studierte Peter Kuschel von 1958 bis 1964 Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg. Seit 1964 ist er als freischaffender Künstler in Etzelwang (Oberpfalz) tätig. Zusammen mit dem deutschen Maler Hans Wuttig und anderen gründete er in Sulzbach-Rosenberg die "Gruppe 81". Peter Kuschel schuf zahlreiche Plastiken, Skulpturen, Reliefs und Brunnen im öffentlichen und sakralen Raum. Im Rahmen von Ausstellungen zeigt er neben bildhauerischen Arbeiten auch seine Gemälde.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Dr. h. c. Wolfgang Rascher
Telefon: 09131 85-33111
E-Mail: wolfgang.rascher(at)uk-erlangen.de