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Care for Rare

Prof. Dr. Holm Schneider für Erforschung seltener Erbkrankheit mit renommiertem Wissenschaftspreis ausgezeichnet

Für seine Verdienste um die Erforschung seltener Erbkrankheiten und die Entwicklung einer Therapiemöglichkeit bei der lebensbedrohlichen Ektodermalen Dysplasie wurde Prof. Dr. Holm Schneider, Sprecher des Zentrums für Ektodermale Dysplasien Erlangen des Universitätsklinikums Erlangen, jetzt mit dem Care-for-Rare Science Award 2019 ausgezeichnet. Bei der feierlichen Verleihung hob Prof. Dr. Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts – Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, in seiner Laudatio die „besondere Leistung des Preisträgers“ hervor, „unabhängige Einzelerkenntnisse in Zusammenhang gebracht und zu einem faszinierenden Behandlungskonzept verknüpft“ zu haben. Der mit 50.000 Euro dotierte Preis ermöglicht Prof. Schneider die Vorbereitung einer klinischen Studie, die zur Zulassung der ersten vorgeburtlichen Therapie einer Erbkrankheit führen könnte.

Gemeinsam mit seinem Team aus Ärztinnen und Ärzten sowie Naturwissenschaftlerinnen sucht Prof. Schneider nach Therapiemöglichkeiten für angeborene Krankheiten, die schon im Säuglingsalter lebensbedrohlich sein können. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Ektodermalen Dysplasien. Das sind seltene Erbkrankheiten, bei denen jeweils der Mangel an einem bestimmten Protein dazu führt, dass sich während der Entwicklung im Mutterleib Haut, Haare, Schweißdrüsen und Zahnanlagen nicht richtig bilden. Ausbleibende Zähne lassen sich später durch künstliche ersetzen, fehlende Haare durch eine Perücke. „Wer jedoch keine Schweißdrüsen besitzt, der kann sein Leben lang nicht schwitzen und ist an Sommertagen, bei körperlicher Anstrengung oder fieberhaften Infekten immer wieder von Überhitzung bedroht. Kinder geraten dabei schnell in Lebensgefahr“, erläutert Holm Schneider, der auch als Oberarzt in der Kinder- und Jugendklinik (Direktor: Prof. Dr. Joachim Wölfle) des Uni-Klinikums Erlangen tätig ist.

Ektodermale Dysplasien können bei Ultraschalluntersuchungen in der Schwangerschaft diagnostiziert werden, allerdings gab es bisher keine Behandlungsmöglichkeit. Am häufigsten ist die X-chromosomale Krankheitsform, die vor allem Jungen betrifft. Für sie konnte Prof. Schneider zusammen mit Prof. Dr. Florian Faschingbauer, Oberarzt der Frauenklinik des Uni-Klinikums Erlangen, zeigen, dass ein Ersatz des fehlenden Proteins zum richtigen Zeitpunkt vor der Geburt die Schweißdrüsenbildung normalisiert. Die Ergebnisse der gemeinsamen Forschungsarbeit wurden 2018 in der medizinischen Fachzeitschrift „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht. An einer größeren Patientengruppe will das Ärzteteam nun herausfinden, ob eine Proteinspritze ins Fruchtwasser genügt, um dauerhaft eine normale Schwitzfähigkeit zu erreichen. Die multizentrische Phase-3-Studie unter Erlanger Leitung soll 2020 beginnen.

Aus langjährigen Voruntersuchungen weiß Prof. Schneider, dass eine einzige Gabe des Ersatzproteins, sofern sie rechtzeitig erfolgt, die Entwicklungsstörung tatsächlich aufheben kann. Heilversuche an drei betroffenen Kindern, die nun schon seit mehreren Jahren problemlos schwitzen können, haben dies bestätigt. Der vorgeburtliche Behandlungsansatz bewirkte außerdem wie erhofft, dass die Kinder mit mehr Anlagen für Zähne auf die Welt kamen als unbehandelte Patienten mit demselben Gendefekt. Neu an Prof. Schneiders Konzept ist darüber hinaus, dass das Ersatzprotein wegen seiner Kopplung an ein spezielles Transportmolekül nicht direkt in die Blutbahn des Fetus gespritzt werden muss, sondern nur ins Fruchtwasser. Von dort gelangt es, da Feten in der zweiten Schwangerschaftshälfte regelmäßig Fruchtwasser schlucken, über einen Rezeptor in der Darmwand ins fetale Blut und so zu den Wirkorten. Dem Erlanger Team ist damit erstmals mit einem vorgeburtlich verabreichten Medikament die Korrektur einer genetisch bedingten Krankheit gelungen. Dies könnte den Weg für weitere aussichtsreiche Behandlungskonzepte bahnen, wie Prof. Cichutek in seiner Laudatio betonte.

Care-for-Rare Science Award

Der Care-for-Rare Science Award soll wissenschaftliche Ideen fördern und Wissenschaftlerinnen sowie Wissenschaftler unterstützen, ein innovatives Forschungsprojekt im Bereich der seltenen Erkrankungen zu initiieren. Der mit 50.000 Euro dotierte Wissenschaftspreis wird von der Werner Reichenberger Stiftung finanziert und seit 2013 jährlich von der Care-for-Rare Foundation verliehen. Der Preis ist eingebettet in die Initiative „pro.movere – mehr bewegen“: Unter diesem Motto haben die Werner Reichenberger Stiftung und die Care-for-Rare Foundation den Bayerischen Stifterpreis und den Care-for-Rare Science Award ins Leben gerufen. Die Stiftungen wollen damit deutlich machen, dass die Gesellschaft in entscheidender Weise vom Engagement einzelner Persönlichkeiten geprägt und gestaltet werden kann.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Holm Schneider
Telefon: 09131 85-33775
E-Mail: holm.schneider(at)uk-erlangen.de